Sonntag, 6. September 2015

Reflektion - nach 9 Wochen


Lange war es still, nun muss ich meinen Mund wieder aufmachen und alles von vorne erklären

Did no Finish is not an Option

Ich fange nochmals mit meinem Leitspruch für den Ironman Frankfurt an, den ich mir sogar auf mein Shirt gedruckt habe.

Für mich wäre es nie eine Option gewesen auszusteigen, nur, weil "heute nicht mein Tag ist", "8 Wochen waren definitiv zu wenig Vorbereitungszeit", "es ist brutal heiß", "ich habe schlecht geschlafen", "das Schienbein schmerzt".... 

Das alles war nämlich an diesem Tag der Fall, und deswegen wäre ich niemals ausgestiege!!!

Auch in anderen Wettkämpfe habe ich immer gesagt, dass ich niemals wegen einer kleinen Verletzung (Schienbein, Knie,...), wegen des Wetters (ob Regen oder Hitze), wegen einer Reifenpanne oder sonstigen Pannen aussteigen werde!



3 Gründe zum Aussteigen
 
Die einzigen 3 Dinge, weshalb ich aussteigen würden (eigentlich auf jeden zu übertragen) :
1. Kreislaufzusammenbruch (aufgrund von zuwenig Energie oder Dehydrierung)
2. ein schwerer Radsturz mit Beinbruch als Folge, selbst mit einem gebrochenen Arm könnte man noch weitermachen
3. oder eben wenn das Herz einfach aufhört seinen Zweck zu tun...

So wie bei mir!!!




Reflektion

Ich bin 3,8km geschwommen, obwohl ich mir in den Tagen der Vorbereitung niemals gedacht hätte, dass ich solange schwimmen kann, habe es schließlich nie getestet, aber natürlich habe ich dran geglaubt, dass ich das schaffe, sonst wäre ich nicht an die Startlinie gegangen.

Ich bin 180km Radgefahren, auch diese Distanz habe ich zuvor nie gemacht, ich hatte eben nur 8 Wochen inkl. 2 Taperwochen spezifische Vorbreitung!

Und ich bin 1km gelaufen.
Ja genau, etwas weniger als 1km habe ich geschafft, bis ich in die Arme meiner Freundin fiel, und das Rennen abbrechen musste.

Doch um das Ganze nochmals zu erklären, ich hatte bereits seit Kilometer 70km also Stunde 4 keine Luft mehr bekommen und diese unerträglichen Herzstiche.
Klar, man schiebt es auf das Wetter, die Hitze, den Sonnenbrand, die Körpertemperatur, den Heuschnupfen da draußen auf dem Feld, die hohe und extreme Belastung und auf zu wenig Flüssigkeit...


Daher habe ich mir gesagt, ein paar Gänge runter, langsam pedalieren, Energie aufnehmen, Flüssigkeit nachtanken und dann geht's in die zweite Runde, ich fuhr bei Kilometer 90 durch Frankfurt durch und hatte nicht eine einzige Sekunde daran gedacht schon nach der ersten Runde auszusteigen, obwohl ich keine Luft bekam !!


Die 5 Phasen der Verarbeitung

Erst war ich lange Zeit enttäuscht, enttäuscht von mir, enttäuscht von meinem Rad, enttäuscht vom Wetter.

Danach wütend auf mich, dass ich so blöde war und mir mit nur 8 Wochen Vorbereitung eine Langdistanz zutraue, und habe mich gefragt, wieso nur? Wieso habe ich das Angebot nur angenommen und mir damit jetzt die Saison 2015 so versaut,.....
 

Ich habe nach dem Ironman fast 4 Wochen keinen Sport gemacht, meine Lunge musste sich erholen, mein Kopf, mein Mut, meine Motivation...
Dann aber nachdem nun 2 Monaten verstrichen waren und ein Ärzte Marathon, mit zwei Klinikaufenthalten keine Diagnose gestellt wurde, war ich einfach nur hilflos. 

Hilflos, weil niemand etwas gefunden hat, weil ich weiterhin immer noch extreme Probleme hatte, kein Lauf ging unter einem 5:00 Pace, keine Radtour mit Druck auf den Pedalen, der Puls immer ins unendliche schlug, und jeder neue Arzt den ich kontaktierte es auf meine Psyche schob: "sie haben sich da reingesteigert, nun braucht es Zeit, fangen sie langsam wieder an mit Sport"


Die Diagnose 

Ja, das tat ich, ich steigerte mich hinein, weil es auch nach 9 Wochen nicht besser wurde.
Deshalb kontaktierte ich erneut meinen Teamkollegen und Sportkardiologen Dr. Jürgen Fritsch.
Nach weiteren Untersuchungen und Gesprächen, bat er die Uni Klinik Köln doch bitte erneut über mein CT und MRT zu schauen!

und siehe da:

Herr Dr. Maintz (Chefarzt Radiologie) meldete sich kurze Zeit später direkt telefonisch bei Jürgen und erklärte ihm, dass man eine Koronaranomalie (angeborener Herzfehler der Herzkranzgefäße) entdeckt bzw. übersehen hatte.

Für mich brach in diesem Moment eine Welt zusammen und ich konnte bis dahin noch nicht einmal abschätzen, was da genau auf mich zukommen wird!


Klar war nur:
1. es ist angeboren, man kann es nur operativ beheben!  
2. es ist die zweit häufigste Todesursache (plötzlicher Herztod nach der Herzmuskelentzündung) 
3. man will sich nicht ausmalen, was hätte passieren können, wenn ich den Marathon/Ironman noch versucht hätte zu Ende zu bringen!

NUR DAS relativiert mein DID NOT FINISH!!!







UPDATE: 28.11.2015
Nun, nach fast 5 Monaten geht es wieder etwas besser. Obwohl ich noch nicht wieder voll trainieren kann, merke ich, dass es von mal zu mal etwas besser wird - auch ohne eine Operation oder behebemde Maßnahme !!